Zunächst eine grundsätzliche Schlussfolgerung: Der internationale Güterverkehr nimmt generell zu. Ein solcher Trend im bilateralen, grenzüberschreitenden und Kabotageverkehr ist auf den meisten europäischen Lkw-Routen erkennbar. Die gesamte Aufmerksamkeit des Sektors richtet sich auf die Situation in Deutschland, das bis vor kurzem die wirtschaftliche Lokomotive des Kontinents war und seit zwei Jahren der “kranke Mann Europas” ist.
Deutschland wacht auf
Derweil steigt der PMI-Index, der ein Stimmungsbarometer für die Manager in den wichtigsten Wirtschaftszweigen ist, in Deutschland langsam, aber stetig an. Nach den Daten für das letzte Quartal erreichte der deutsche Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe 42,2 Punkte. Obwohl er noch weit von der magischen 50-Punkte-Marke entfernt ist, die den Übergang von der wirtschaftlichen Stagnation zum Wachstum markiert, sind die Wirtschaftsexperten über die jüngsten Daten erleichtert.
Die wirtschaftliche Erholung in Deutschland wird auch durch statistische Daten bestätigt. Der lokale Markt dominiert in Europa in Bezug auf die Anzahl der Kabotagebeförderungen. Im Mai 2024 stieg die Zahl der Sendungen im Lkw-Voll- (FTL) und Teilladungsverkehr (LTL) im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich an. Bei letzteren lag der Anstieg der Zahl der Angebote sogar bei 62,3 %.
Für Cross-Trade-Transporte sind die beliebtesten Lkw-Routen in Europa auch mit dem deutschen Markt verbunden. (Obwohl dies natürlich nicht die einzige attraktive Strecke in der EU ist). Die Beliebtheit der Strecke von den Niederlanden nach Deutschland stieg im Vergleich zum Vorjahr um 48 %, von Belgien nach Deutschland sogar um 69 %. Belgien und die Niederlande sind für die Transportunternehmen aller Verkehrsträger von großem Interesse, und beispielsweise im Bussegment liegen beide Länder bei den Preisen an der Spitze (der Kabotagepreis stieg in Belgien um 8,9 % und in den Niederlanden um 10,8 %).
Mehr Verkehr in den Häfen
Was macht die Benelux-Länder so beliebt bei den Frachtführern?
Der Verkehr im Seehafen Antwerpen, der ein Universalhafen ist und in dem alle Arten von Fracht abgewickelt werden, nimmt zu. Zusammen mit dem niederländischen Hafen Rotterdam werden dort derzeit die meisten Ladungen in Europa umgeschlagen. Daher muss dieses erhöhte Verkehrsaufkommen durch größere Transporte bewältigt werden. Die Routen aus den Niederlanden betreffen auch den saisonalen Export von Gemüse, bei dem die Niederländer weltweit führend sind,
sagt Beniamin Matecki, Marktberater von T&L. (Die Niederlande produzieren große Mengen an Zwiebeln, Rüben, Wurzelgemüse, Rosenkohl und Tomaten).
Die sich verbessernde Wirtschaftslage in der Eurozone spiegelt sich auch in der zunehmenden Zahl von Angeboten auf dem Spotmarkt für Transporte wider. Die kürzlich veröffentlichte Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission ist vorsichtig optimistisch. Das BIP-Wachstum im Jahr 2024 wird in der gesamten Europäischen Union rund 1 % und in der Eurozone 0,8 % betragen. Die Inflation geht ebenfalls rasch zurück und dürfte, gemessen am HVPI, von 6,4 % im Jahr 2023 auf 2,7 % im Jahr 2024 sinken.
Die EU-Wirtschaft verzeichnete im ersten Quartal ein starkes Wachstum, was darauf hindeutet, dass es uns gelungen ist, nach einem sehr schwierigen Jahr 2023 wieder auf die Beine zu kommen. Wir erwarten eine allmähliche Beschleunigung der Wachstumsrate in diesem und im nächsten Jahr. Dieses Wachstum wird durch den privaten Verbrauch angetrieben, der durch sinkende Inflation sowie eine Verbesserung der Kaufkraft und ein nachhaltiges Beschäftigungswachstum unterstützt wird,
so Paolo Gentiloni, EU-Kommissar für Wirtschaft.
Frankreich wird immer beliebter
Die Analyse der Daten der Trans.eu-Plattform zeigt auch, dass Frankreich und Italien wieder zu den beliebtesten Lkw-Routen gehörten. Frankreich gehört zusammen mit Deutschland zu den europäischen Spitzenreitern im Kabotageverkehr (sowohl die Zahl der Angebote als auch die Höhe der Tarife steigen). Dasselbe gilt für den grenzüberschreitenden Verkehr, wo die Angebotssteigerung auf der Strecke Deutschland-Frankreich (LTL) 18,7 % betrug, was auf eine deutliche Erholung für diese noch nicht so lange zurückliegende beliebte Strecke hindeuten könnte.
Experten weisen jedoch darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum in einem bestimmten Land nicht immer mit der Beliebtheit des Transports einhergeht.
Slowenien, Portugal und Zypern haben die beste Wirtschaftslage. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass der Transport aus diesen Ländern eine attraktive Alternative für Frachtführer darstellen könnte, die beispielsweise die deutsche Wirtschaft bedienen. Die Volkswirtschaften Frankreichs und Spaniens, die sich in einer besseren Kondition befinden, sind viel größer als die Märkte der drei genannten Länder. Und attraktiver. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass diese Märkte für Frachtführer aus Mittel- und Osteuropa aufgrund ihrer Besonderheiten schwieriger sind,
sagt Maciej Wroński, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Transport und Logistik Polen.
Konkurrenz aus der Ukraine
Die Vertreter der T&L-Branchenverbände sind sich einig: Die Cross-Trade- und Kabotage-Situation wurde durch unlauteren Wettbewerb aus der Ukraine destabilisiert. Dies betraf vor allem Polen, den größten europäischen Frachtführer (rund 20 % Marktanteil), aber auch Unternehmen aus Litauen, Bulgarien und Rumänien, bei denen der grenzüberschreitende Verkehr quantitativ größer ist als der inländische Verkehr.
Die wichtigsten Informationen für Frachtführer betreffen jedoch makroökonomische Daten. Denn gerade diese Daten deuten darauf hin, dass Europa langsam auf den Weg des Wirtschaftswachstums zurückkehrt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Transporte an. Nach dem jüngsten Bericht von S&P Global und der Hamburger Handelsbank erreichte der kombinierte Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor im Mai 52,3 Punkte und damit den höchsten Stand seit zwölf Monaten.
Andererseits wird der europäische Straßenverkehrsmarkt nach Prognosen der Forschungsagentur Transport Intelligence im Jahr 2024 voraussichtlich um 1,7 % wachsen. Die Situation in Deutschland ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, aber Frachtführer haben die Fahrten dorthin nicht eingestellt. „Der grenzüberschreitende Handel und die Kabotage im Zusammenhang mit dem deutschen Markt haben ihre Beliebtheit nicht verloren. Diese Tatsache wird indirekt durch die Situation auf dem Markt für digitale Fahrtenschreiber bestätigt, wo sich die Transportunternehmen zunehmend auf die Anschaffung neuer Aufzeichnungsgeräte beschränken, aber deren Einbau aufschieben. Wahrscheinlich wollen sie die tatsächliche Zahl der Transporte nicht registrieren”, meint Maciej Wroński.
Anstieg der Zahl der Angebote und der Medianwerte
Mai 2024 vs. Mai 2023
Kabotage/Inlandsrouten:
FTL
- Höchste Anzahl an Angeboten: Deutschland ↑ 35,2%
- Höchste Raten: Deutschland ↑ 19,6%
LTL
- Höchste Anzahl an Angeboten: Deutschland ↑ 62,3%
- Höchste Raten: Italien ↑ 33,1%
BUS:
- Höchste Anzahl an Angeboten: Italien ↑ 49%
- Höchste Raten: Belgien ↑ 8,9%
Cross-Trade:
FTL
- Höchste Anzahl an Angeboten: Niederlande-Deutschland ↑ 48,3%
- Höchste Raten: Niederlande-Belgien ↑ 65,7%
LTL
- Höchste Anzahl an Angeboten: Deutschland-Frankreich ↑ 3,8%
- Höchste Raten: Belgien-Niederlande ↑ 32,5%
BUS:
- Höchste Anzahl an Angeboten: Deutschland-Frankreich ↑ 48.3%
- Höchste Raten: Niederlande-Belgien ↑ 16,5%